Sandspielen mit dem Weltmeister

Posted on: 8. Dezember 2016, by :

„Haben Sie eine Autogrammkarte?“ Zum ersten Mal seit ich Rad fahre hat mich am vergangenen Wochenende ernsthaft jemand nach einem Autogramm gebeten. Ich wurde ein wenig nervös. Aber alles der Reihe nach. 

Die RadsportUNION packte die Crossräder und ihre enthusiastischen Querfahrer in Auto und Anhänger und was nicht hineinpasste in das Flugzeug. Ziel der Reise war die riesige Sandkiste im belgischen Mol. Hier sollten am Samstag zuerst die alten Männer und Frauen (die wie junge Buben aussehenden Ü30- Fahrer mit der Rennlizenz für Alte mögen es mir verzeihen) ihre Räder schnellstmöglich durch den Sand treten/schieben/tragen. Der erste von ihnen würde Weltmeister in der Masterkategorie werden und ein wunderbar hübsches Regenbogentrikot überstreifen dürfen. 

Für mich wars keine Weltmeisterschaft, aber ganz sicher das bestbesetzteste Rennen meiner bisherigen Querkarriere. Das Zilvermeercross am Sonntag war mit ein Grund warum ich meine Teamkollegen nach Belgien begleitete. Viele, sehr viele Zuschauer am Streckenrand, viel, sehr sehr viel Sand und sehr sehr sehr gute Fahrer -die besten ihres Faches- waren die Zutaten für dieses Abenteuer im Mutterland des modernen Querfeldeinsportes. 

Beim Einfahren fühlte ich mich schon wie in einem Traum. Bei Start und Ziel fuhr ich an Mathieu van der Poel (mein absoluter Lieblingsfahrer) vorbei, der gerade ein Interview für das belgische Fernsehen gab. Kurz danach raste das Regenbogentrikot von Wout van Aert an mir vorbei. Und noch ein wenig später musste Kevin Pauwels vom Rad, weil ich ihn ausgebremst hatte (davor hat der Sand mich ausgebremst).

Konzentriert absolvierte ich mein Aufwärm- und Startprogramm und fand den Fokus wieder. Mit Startnummer 21 sollte ich ins Rennen gehen und alles geben. Ich wollte nicht gut aussehen, ich wollte fahren bis es schmerzt und nicht mehr als zwei Minuten auf die Spitze pro Runde verlieren. Dann sollten sich 3 Runden ausgehen ehe mich die streng blickenden UCI- Kommissäre aus dem Rennen nehmen.

Dann die Startaufstellung, wiedereinmal einer der letzten. Aber immerhin die selbe Spalte wie das Regenbogentrikot. Dann der Start. Sauschnell. Aber in der ersten Kurve staut ohnehin wieder alles. Dann die ersten technischen Passagen. Aber alles gut gefahren, wie im Training geübt. Es macht einfach nur Spaß.

Nach kurzer Zeit war ich gemeinsam mit einem anderen Fahrer schon abgeschlagen und weit von der Spitze weg. Die fahren einfach irre schnell. Unglaublich. Und diesen Gegner habe ich super im Griff. Bei der langen Laufpassage im Sand, vorbei an meinen Betreuern Michi und Jürgen gebe ich mächtig Gas und verliere ihn aus den Augen. Jawohl, nicht Letzter. Ich fahr weiter, versuche alles zu geben, immer zu beschleunigen, immer konzentriert durch die technischen Passagen. Es gelingt halbwegs. Und dann der Pfiff – 80% Zeitrückstand auf die Rundunzeit des ersten- das wars. Kurz aber sehr cool. So ist das eben, wenn man sich als österreichische Querhobette mit den besten der Welt messen will.  Mein Ziel habe ich erreicht: Drei Runden absolviert. Schlecht wars trotzdem nicht. 

Autogramm wollte danach auch niemand mehr haben. Die Frage vor dem Rennen war aber auf jeden Fall eine große Ehre. War wohl eher für die private Sammlung exotischer Querfeldeinfahrer. Was der Belgier im Skisport ist der Österreicher am Querrad. 

Belgien deine Fritten schmecken wunderbar. Wir sehen uns bald wieder.

Johannes Hörschläger