Radreise Polen – Schweden – Dänemark

Posted on: 25. August 2022, by :

Caspar Conradi und Bernhard Schober haben sich am 9. August mit ihren Reiserädern, auf den Weg gemacht, um den Norden von Europa zu erkundigen. 

Polen 

Von Wien ging es zuerst mit dem Zug nach Katowice, einer alten Bergwerksstadt in Schlesien. Von dort sollte es mehr oder weniger immer Richtung Norden gehen. Das Ziel, die größte polnischen Stadt an der Ostsee Danzig. Sechs Tage brauchten wir für die gut 670 km was verglichen mit Trainingsausfahrten am Rennrad eher nach gemütlichem Bummeln klingt. Auch für uns war es anfangs ungewohnt keine durchschnittlichen 30 km/h mehr am Tacho zu sehen aber die teilweise extrem schlechten Straßenzustände und die oft kilometerlangen Wald- und Schotterpassagen mit tiefen Schlaglöchern und viel Sand erschwerten das zügige Vorangekommen sehr. Und auch wenn wir versuchten uns aufs Notwendigste zu beschränken ist doch einiges an Gepäck notwendig, wenn man möglichst unabhängig – sprich Zelt, Kocher, Geschirr, Schlafsack, ISO Matte usw. – unterwegs sein will. Abgesehen von der ersten Nacht, in der wir uns zum Wildcampen entschieden, haben wir also bis nach Danzig auf unterschiedlichsten (Ausstattung, Preis, Lage, Ambiente etc.) Campingplätzen übernachtet. 

Die täglichen Routen hatten wir noch in Wien geplant und bis zum letzten Tage relativ stringent befolgt. In Danzig gönnten wir uns dann einen ersehnten Ruhetag mit einigen Stunden am schönen Strand und in der Altstadt. Am Abend hieß es dann eine mächtige Fähre zu besteigen, um die Ostsee zu überqueren und das zweite Kapitel der Reise einzuläuten. 

Schweden 

Nach 18 h stündiger Fahrt und den ersten Kilometern am Rad wurden schnell die Unterschiede ersichtlich, die auftreten, wenn man 550 km weiter nördlich ein neues Land betritt. Dichte Nadelbaumwälder, ab und an ein rotes Holzhaus mit weißen Fensterrahmen und erfreulicherweise feinste Gesteinskörnungen, die im dichten Verbund auf elendiglich langen Linien in der Natur den Boden versiegeln und dadurch ein einfaches Vorankommen mit dem Rad ermöglichen. Die Kehrseite war aber, das ständiges Auf und Ab über die nicht enden wollenden schwedischen Hügeln, die einen jedes zusätzliche Gewicht spüren ließen. Was mit dem 8 kg Rennrad einfach niedergeprügelt wird, heißt bei 35 kg zusätzlichen Gepäck in den zweit kleinsten Gang schalten und geduldig jeden Höhenmeter raufkämpfen. Einmal, kann ich mich erinnern, dass wir einen Hügel runtergefahren sind und so viel Schwung hatten das wir den nächsten gleich wieder rauf gekommen sind. Das war ein schöner Moment. Leider die Ausnahme. 

Die Fähre legte einige Kilometer südlich von Stockholm an. Da wir aber nicht in den Norden wollten haben wir uns die Hauptstad für einen späteren Zeitpunkt aufgehoben und sind mit dem Ziel Kopenhagen, also Richtung Südwesten losgeradelt. Durch viel kleinere und größere Dörfer (gefühlt wenige Städte) war auf unserer Tour der zweit größten Schwedischen See der Vättern-See ein einprägsamer Meilenstein wobei wir aufgrund seiner schieren Größe (fast sechs Mal so groß wie der Neusiedler See) gar nicht daran vorbeikamen an seinem Ufer zu übernachten. Auch wenn in Schweden das Wildcampen ja grundsätzlich erlaubt ist, haben wir uns immer für einen konventionellen Campingplatz entschieden bzw. einmal im Ferienhaus von Bernhards Bruder übernachtet, der zufälligerweise entlang unserer Route gerade mit der Familie im Urlaub war. 

Dänemark 

Nach sechs Tagen und nur etwas mehr Kilometern als in Polen sind wir dann an der schwedischen Grenze angelangt und ein weiteres Mal mit einer Fähre (diesmal aber nur wenige Minuten) nach Dänemark überstellt worden, wo das letzte Stück unserer Reise sein Ende fand. Am selben Tag sind wir schon in der, was den Radverkehr angeht utopischen Stadt Kopenhagen angekommen. Anstatt dann am nächsten Tag die letzte Etappe nach Rostock von wo unser Zug nach Hause abfuhr in Angriff zu nehmen entschieden wir uns noch etwas Zeit in dieser erfrischenden Stadt (und an deren Strand) zu verbringen und am nächsten Tag mit dem Zug einige Kilometer gutzumachen. Bis vor die eigene Wohnungstür brauchten wir dann nochmal gute 24 h, und zwar mit: 

Zug: Kopenhagen -> Nykøbing Falster
Rad: Nykøbing Falster -> Gedser 
Fähre: Gedser -> Rostock 
Zug: Rostock -> Wien 

Natürlich etwas mühsamer als den Flieger direkt von Kopenhagen nach Wien zu nehmen, aber dadurch konnten wir der Menschheit einige hunderte Kilogramm zusätzlichen Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre ersparen. Naja, der Flieger, den wir nicht genommen haben ist vermutlich auch ohne uns abgehoben aber ihr versteht hoffentlich was wir damit bezwecken wollten.

So eine Reise hat im Gegensatz zu den klassischen Training und Rennen doch einen ganz prägnanten Unterschied: die Zeit. Eigentlich unser ständiger Begleiter um uns zu messen ist sie bei solchen Reisen auf einmal ein sehr unwichtiger Faktor und so entdeckt man das Land, die Leute und sich selbst aus einer ganz anderen Perspektive. Wir können allen nur empfehlen, das Experiment auch zu wagen. Es wird auf jeden Fall ein Gewinn sein.